Die Welt ist eine Scheide

Teil 1: Mein weiblicher Zyklus.

Folgende Szene(n) kennst Du sicherlich:

Du liegst gekrümmt und mit Bauchschmerzen auf der Couch oder im Bett und umarmst Deine beste Freundin: Die Wärmflasche.

Im besten Fall war’s das. Im schlimmsten Fall bekommst Du noch Rückenschmerzen, Kopfschmerzen & Fressattacken dazu und bist so theatralisch emotional, dass Dich alles zum Weinen bringt.

Du weißt, wovon ich rede?

Genau! Alle Tage wieder.

Der weibliche Zyklus hat mich wieder mal auf’s Neue volle Breitseite erwischt und gipfelt grade in seinem Höhepunkt. Die grade beschriebenen Schmerzen gehören aber zum Glück der Vergangenheit an, größtenteils jedenfalls. Denn mit Beginn meines Frauseins und meiner Periode, hatte ich immer Schmerzen und irgendwie hatte ich das Gefühl, ich wuchs da in was „Schlechtes“ oder „Ekliges“ hinein. Nichts, wozu ich gehörte oder wozu ich gehören wollte. Dies lief alles mehr oder weniger unterbewusst ab, denn darüber gesprochen wurde ja groß nicht. Niemand tat es offiziell als was Schlechtes oder so ab. Aber die Scham, die dieses Thema scheinbar mit sich brachte, war allgegenwärtig. Ich verstand das nicht. Es galt, das sofort zu verstecken oder man wurde von Klassenkameraden ausgelacht, falls doch mal was daneben bzw. in die Hose ging. Ich verstand nicht, was daran schlimm sein sollte oder eklig und mit den Jahren wurde es genau das für mich.

Ich frage mich, ob meine Schmerzen heute weniger geworden sind, weil ich mein Frausein liebe, weil ich meinen Körper liebe und diesen natürlichen Rhythmus der Natur in mir.

Mein Weg zur Selbstannahme und darüber hinaus zur Selbstliebe war aber steinig und lang. Und ich glaube, so geht es noch immer vielen Frauen und Mädchen auf dem Weg ins Frausein.

Falls Du das hier also gerade liest, frage Dich mal, warum Du (vielleicht) eine schlechte Beziehung zu Deinen Tagen hast? Warum Du das vielleicht eklig findest (so wie ich früher) und warum es völlig normal ist, dass darüber Witze gemacht werden.

Ich glaube, dass dieses Thema in unserer Kultur immer noch mit Scham besetzt ist. Immer noch und seit dem ich das selbst erleben durfte, finden es Menschen – Frauen wie Männer – eklig oder schmutzig und deklarieren es so zu einem milden Tabuthema, das all zu gern ins Lächerliche gezogen wird und wofür man scheinbar lustige Namen erfindet. Wie zum Beispiel Erdbeerwoche. Ganz ehrlich? Ich weiß bis heute nicht, was eine Erdbeere mit meiner Menstruation zu tun haben soll? Nicht einmal die Farbe ist identisch – noch nicht mal ähnlich, zumindest nich an den meisten Tagen. Und wer mal ins Klo geguckt hat, …naja reden wir mal nicht weiter. Oder doch: Der weiß, dass das Material, was da so rauskommt (bzw. raus kommen kann), rein gar nichts mit einer Erdbeere zu tun hat #schamadé #noshame

Ich hatte das Glück, viele Länder zu bereisen und konnte so andere Kulturen kennen lernen & so verstehen, dass mit der Menstruation auch ganz anders umgegangen werden kann, was mich zum Umdenken und auf meinen Weg gebracht hat, weg von der Scham hin zu einem tollen Körpergefühl und – Achtung Spoiler – hin zur Nachhaltigkeit.

Wusstest Du, dass sich Dein weiblicher Zyklus dem Deiner Freundinnen anpassen kann?

Ich konnte Frauen in Gemeinschaften erleben, mit denen ich längere Zeit verbrachte, die in die Erde bluteten, die gemeinsam menstruierten und die während dieser Zeit nahezu als heilig verehrt wurden und nichts tun mussten, außer auf sich acht zu geben. Nach einer Weile hatte sich mein Körper angepasst und wir bluteten gemeinsam. So wurde dieser eigentlich völlig natürliche Vorgang wieder natürlich. Für mich. Dazu musste ich aber erst mal raus aus unserer Zivilisation und rein in den Dschungel.

Meine Tage waren immer wie ein Kampf für mich, voller Schmerzen – ich tat mich schwer damit. Aber weshalb sollte ich gegen etwas kämpfen, was völlig natürlich und schon immer da gewesen ist? Ob ich es gut fand, finde oder nicht, es ist vor allem eins: Da.

In der Yogapraxis spricht man davon, an zu nehmen, was gerade da ist und nicht in eine Art inneren Widerstand bzw. inneren Kampf zu gehen. Wenn man zum Beispiel mitten in einer anstrengenden Asana steckt (meistens sind das die, die uns am meisten über uns sagen können, wenn wir zuhören, statt kämpfen), heißt es, einfach mal raus aus dem Widerstand zu gehen, was auch immer irgendwie Kampf ist und stattdessen einzutauchen in das Gefühl der Annahme dessen, was eben gerade da ist. Gelingt das, merkt man, dass sich etwas verändert. Die Muskulatur öffnet sich, wird weicher und weiter. Außerdem werden die Zahnreihen ganz unbewusst auf einmal nicht mehr wie auf Teufel komm raus aufeinander gepresst und die Atmung kann fließen.

Und so übte ich mich lange in dem Versuch, meine blutigen Tage anzunehmen.

Was so ein tausende Jahre altes Patriarchat in unsere Köpfe eingehämmert hat, muss doch nicht meins sein. Kurz drüber nach gedacht und zack für richtig empfunden. Ich war nie Fan dieses Patriarchats, geschweige denn von „weil man’s halt so macht“. Zugegeben, dadurch und durch mein Hinterfragen der gesellschaftlichen „Normen“ (wahrscheinlich größtenteils von Männern manifestiert), hatte ich einen kritischen Stand in meiner Dorfgemeinschaft. #vivalarevolution

Lange ging ich auf Spurensuche: Ich wollte die Ursache für meine Periodenschmerzen herausfinden, denn als ich in der Urwald-Gemeinschaft oder in Afrika unter Frauen war, hatte ich keine Schmerzen. Ich wollte wissen, woher diese Schmerzen kamen und schließlich: Was ich dagegen tun konnte.

Falls Du für den nächsten, intimen Einblick nicht bereit bist, überspringe dieses Absatz einfach: Bei mir konnte nicht alles Blut abgegeben werden. Das Alte blieb also zurück in meinem Körper und verklumpte. Für mich steht das ganz klar für das Thema Loslassen. Ich begab mich auf Spurensuche: Wo in meinem Leben durfte ich loslassen? Dieses Thema begleitet mich bis heute, auch auf unterschiedlichen körperlichen Ebenen. Mit Hilfe der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und Akupunktur konnte mein Körper das lösen und das verbrauchte Blut abgeben – das Alte durfte also endlich gehen. Seither sind meine Schmerzen nahezu verschwunden.

Heute finde ich meine Vulva auch richtig schön. Meine Piperina ist nichts, was man verstecken müsste. Ich kenne und erkenne ihre Bedürfnisse an. Sie kriegt also, was sie will. #vivalavulva

Und was ich besonders toll finde: Die Revolution in der Unterhose hat begonnen und schlägt bereits Wellen: Denn immer mehr (junge) Frauen beginnen, sich und ihre Körper zu lieben & haben dadurch einen positiveren und natürlicheren Umgang mit dem weiblichen Zyklus als ich noch vor einigen Jahren. Wir dürfen uns alle aus diesen Verstrickungen lösen und einfach Frausein.

Alles Liebe

Kathi

P.S.: In meinem kommenden Beitrag aus dieser Reihe drehe ich die Zeit zurück: Wir drücken nochmal gemeinsam die Schulbank. Naja zumindest greife ich den Bio-Unterricht auf und erkläre Dir, was Dein Körper Monat für Monat erlebt und was das Beispielsweise mit den Jahreszeiten zu tun hat.